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Beitrag vom 24.12.2020
Nicht nur die Welt steht derzeit Kopf. Beziehungen eben auch. Umso wichtiger ist es, ein gesundes Mass an Nähe und Abstand zu finden. Eine
Balance, mit der sich beide wohlfühlen. Vertrauen, Verständnis, Mitgefühl, Offenheit sind jetzt gefordert. Ausgangssperre, Social Distancing,
Lockdown, Quarantäne - davon hört und fühlt sich gerade nichts gut an. Schon gar nicht für Liebende oder Singles in Zeiten von Corona.
Den einen fehlt es an räumlicher Nähe, durch den Job bedingt aus Social Distancing Gründen. Den anderen schenkt es viel Zeit, viel Zweisamkeit auf engsten Raum. Konflikte und Streitigkeiten, Spannung in einer langen
Beziehung, Interesse und Sehnsucht bei frisch Verliebten, Einsamkeit bei Singles - alles wird intensiver. Auferlegte Distanz kann auch eine Beziehungsbasis stärken, sie schweisst zusammen und ist Chance für eine ganz besondere
Liebe. Eine getestete Liebe.
Anja ist seit vier Wochen im Homeoffice, zusammen mit ihrem Freund Sven. Schaffe ich das Verkaufsziel? Hält die Firma durch? Wann kann ich Oma im Heim besuchen? Kann ich es mir leisten, jetzt eine neue Waschmaschine zu kaufen? Düstere Gedanken sind nicht gerade lustfördernd, eher eine Spassbremse im Bett. Wenn Sven dann noch nervt und an ihr rumfummelt, dann macht sie komplett zu. Sven zieht sauer mit dem Laptop ins Bett und sie chattet mit einer Freundin.
Ich bin echt am Boden und Sven versteht mich nicht. Ich habe im Moment keinen Bock auf ihn. Der ist sofort beleidigt, wenn ich ihm zeige, dass mir
Sex gerade nicht wichtig ist. Liegt doch nicht an ihm, ich brauche mal Luft zum Atmen, eine Auszeit, einen freien Kopf. Eifersüchtig ist er auch noch, kenne ich gar nicht von ihm. Sie verabreden sich für eine Runde im Park. Ihre Freundin erzählt nebenbei, dass ihr Mann online Spielzeuge bestellt hat, also nicht für die Kinder. Zuerst haben wir nur gelacht, dann ausprobiert und tatsächlich, es macht richtig Spass. Ganz neue Erfahrung, ganz neue Reize, ganz neuer Mann.
Anja wieder zu Hause angekommen: Schatz, ich koche uns was Leckeres und dann lass uns mal quatschen. Lass uns einen Homeoffice-Plan machen, also einen, der uns beiden guttut. Habe auch noch so eine andere Idee!
Schwere Zeiten, gute Zeiten
Die guten Corona-News sind: Wir haben mehr
Lust auf die Lust. Sinnlichkeit und Intimität steigen, trotzen allen Massnahmen. Absatzzahlen von Amoreli, https://www.eis.de, Funfactory und anderen Anbietern gehen durch die Decke.
Seit Beginn der Pandemie sind Solo-
Sex-Spielzeuge für Frauen und Männer ebenso wie Partnertoys beliebt wie nie. Teilweise über 100 Prozent mehr Nachfrage bei
Dildos und Co., als im gleichen Zeitraum vor der Pandemie. Kondome werden nur noch in haushaltsüblichen Mengen abgegeben und Krankenschwester-Sets (Achtung: keine Schutzkleidung) sind ausverkauft.
Kleiner Ausflug in die Geschichte
Schon 3.000 vor Chr. hatten die alten Griechen Hilfsmittel für die Lustgewinnung und -entladung, später nannte man sie Olisboi (Plural von Dildo). Die Bestseller waren aus Ton und wurden mit warmem Wasser gefüllt. Die Luxusvariante war aus Marmor. Kleopatra setzte noch einen drauf, sie stand auf Papyrustüten mit lebenden Bienen.
Manche mögen‘s heiss!
Dildos wurden damals sogar in der Medizin verwendet, sie waren im 19. Jahrhundert angesagt. Sie wurden bei verrückten Weibern angewandt, die unter so bitteren Diagnosen litten wie erotische Fantasien, Melancholie und Hysterie.
Pünktlich zur Weltausstellung 1900 in Paris (die Stadt mit dem Eiffelturm), konnte man verschiedene Modelle des Percuteur, dem ersten mechanischen Vibrator mit Batterien bewundern. Später hielt er auch Einzug in biedere Haushalte.
Sextoys im Wandel der Zeit: Von dem originalgetreuen, hautfarbenen, aderngeschmückten Phallus aus Silikon hat sich der moderne Look weit entfernt. Die Dildos von heute erinnern einem Designobjekt, einer kunstvollen Skulptur. Das männliche Geschlecht im Idealbild aus Kunststoff ist dagegen out.
Man liest von einer feministischen Entwicklung:
Sex ohne Mann, Selbstliebe ohne Scham. Bei den Partnerspielzeugen gibt es auch einen grossen Fortschritt, endlich verstehen die Produktdesigner die weibliche und die männliche Anatomie.
Die Lust kennt keinen Lockdown
Geht es um die Grundbedürfnisse des Menschen, dann sind sich scheinbar alle einig, dass Sexualität eines davon ist. Sexuelle Fantasien und Vorlieben sind immer persönlich und individuell. Freibestimmt und ohne Norm. Sofern es beim Ausleben alle Beteiligten genauso sehen.
Die Auswahl an Spielzeugen und Technologien ist mittlerweile riesig. Masturbatoren und Vibratoren, die über die Ferne, per App, per Bluetooth, beispielsweise mit der Apple-Watch gesteuert werden, stehen auf den Verkaufslisten ganz oben. Gezieltes Marketing nutzt die Gunst der Stunde: kontaktfreier
Sex ohne Risiko (Corona, Schwangerschaft) mit Fun-Garantie.
Facetime-Calls werden zur persönlichen Verbindung zwischen zwei Menschen. Wenn sie in den Bergen vereinsamt und er die Quarantäne in Australien absitzen muss. Prickelndes Liebesgeflüster und ein heisses Liebesspiel auf räumlicher Distanz statt Alltagsthemen und Wetter. Dezente Musik und Kerzen sorgen für die richtige Atmosphäre im Schlafzimmer. Ihre Dessous sind ein Augenschmaus und das neue Spielzeug in Neon-Pink liegt in Reichweite.
Sie nimmt seine Einladung per App an. Und übergibt ihm damit die Regie und gleichzeitig auch die Kontrolle über ihre
Lust. Es ist ihm möglich zu spüren, wann und mit welcher Intensität sie verwöhnt werden möchte. Und sie gezielt auf den Höhepunkt zuzusteuern.
Eine Bomben-Erfahrung. Die allerdings nicht das Miteinander ersetzen kann. Das Herz an Herz und Körper an Körper fehlt. Die Haut und der Geruch des anderen beim Einschlafen sind virtuell nicht zu ersetzen.
Ein noch so geniales Liebes-Spielzeug (digital oder analog) kann niemals den Platz eines realen Partners einnehmen. In Ausnahmesituationen, als kurzfristiger Ersatz oder Ergänzung, als Stimulationsmittel beim intimen Zusammensein, alles gut. Ein gesundes Mass, eine
Balance gilt es auch dabei zu finden.
Klappt dies nicht, gibt es Gründe, die tiefer liegen. Reden, zuhören, hinschauen, ändern, abstellen oder trennen und neu anfangen.
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