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Beitrag vom 13.10.2020
Kummer, Sorgen oder Frust - Gefühlslagen, die allesamt menschlich sind, aber eben auch sehr männlich. Der Auslöser dafür ist bei Frauen und Männer meist der gleiche. Die grosse Liebe ist in die Brüche gegangen, ein nahestehender Mensch ist gestorben, Sorgen um Geld und vieles andere. Hinzu kommen Situationen, die eben typisch für einige Männer sind: Männerschnupfen, Kolbenfresser, missglücktes Software Update, Abstieg des Vereins, und und und.
Im Job läuft’s nicht gut
Top Eins der Männerleiden ist jedoch: Der Job. Die allermeisten, zum Mann erzogenen Wesen, möchten sich verwirklichen, sich mit anderen messen und für sich und für seine Familie erfolgreich sein - in seinem Beruf, seiner Berufung. Er definiert sich in grossem Masse über seine berufliche Leistung. Nur wenn er dort Erfolg hat und Anerkennung erfährt, kommt er gutgelaunt nach Hause. Die Firma steht für ihn ganz oben. Wenn da etwas verrutscht, hat dies direkte Folgen auf seine Stimmung. Wird er gekündigt oder die Firma geht in die Insolvenz, ist das Drama komplett, Versagens- und Zukunftsängste inklusive. Kein Wunder, denn so lastet auf so manch einem Mann doch eine grosse Verantwortung.
Mann spricht nicht gerne
Die grösste Herausforderung der Partnerin oder des Partners ist, den Kummer zu erkennen und ernst zu nehmen. Denn Männer neigen zum einen dazu, ihn geschickt zu verstecken und zum anderen ihn herunterzuschlucken, ihn auf keinen Fall zu kommunizieren.
Zielerreichungsgespräch am Quartalsende: Alexander hatte eigentlich ein ganz gutes Gefühl. Der Teamchef sah das anders und belegte es mit seinen Zahlen. "Wir haben uns mehr von Ihrer Performance versprochen. Was meinen Sie, woran es gelegen hat?" Seine Argumente sind nicht plausibel, es hat ihn kalt erwischt. Früher als sonst fährt er nach Hause. Beate war total überrascht.
Beate fragt: "Wie war es heute in der Firma?" Er antwortet: "Wie immer! Bin später nochmal weg." Dann geht er joggen und trifft sich später mit Niklas auf ein Bier um die Ecke. Sein Kumpel fragt: "Und wie läuft´s?" Beiden ist sofort klar, dass Niklas jetzt keine Details vom Sex mit Beate hören möchte. Männerthemen drehen sich in erster Linie um den Job - Frauen stehen ein bisschen weiter unten in der Liste. Alexander erzählt, was ihm unter den Nägeln brennt, der Seitenhieb vom Chef. Ähnliches hat Niklas auch schon erlebt und hat gute Tipps, wie er das einordnen und angehen kann. Fünf Bier später ist es schon nicht mehr ganz so dramatisch. Auf ein neues Quartal! Weiter geht´s...
Die Männer-Flüsterin
Sobald der Mann über seinen Kummer sprechen möchte, sich öffnen will, dann gilt es, jetzt ganz für ihn da zu sein. Also wirklich jetzt, nicht gleich und nicht später. Am besten alles stehen und liegen lassen, das Handy auf Flugmodus. Bequemes Kissen in den Rücken, zusammen unter der Sofadecke einkuscheln.
Trösten heisst hier: Zuhören. Zuhören. Zuhören.
So geht Trösten richtig:
- Volle Konzentration auf IHN
- Nicht unterbrechen, einfach drauflosreden lassen
- Keine Diskussion, es ist ein Monolog: sein Kummer, seine Offenbarung
- Verständnis zeigen
- Mit Augen und Händen emphatisch kommentieren
- In den Arm nehmen, wenn er es zulässt
- Bei den dramatischsten Punkten, sanft berühren, streicheln
- Nur eine Meinung abgeben, wenn er danach fragt
- Handy gegebenenfalls ausschalten, um vollstens aufmerksam zu sein
Argumente und Lösungsvorschläge haben Zeit bis morgen - eine Nacht drüber schlafen hat noch nie geschadet. Zur Not tut es auch ein cooler Spruch: "Kopf hoch Schatz, sonst kannst du die Sterne nicht mehr sehen!"
Klar ist, es wird dem Zuhörer mehr als gedankt, es schafft Vertrauen und es schweisst zusammen. Was ist schöner als sich verstanden und getröstet zu fühlen?
Unbewusst geniesst er es. Es ist das Muster aus seiner glücklichen Kindheit. Knie aufgeschlagen, Eis landet im Sand, der grosse Bruder hat seinen Ball genommen. Tränen fliessen - schnell auf den Schoss, in die Arme von Mama oder Papa, ohne Hemmungen heulen und sich Streicheleinheiten abholen. "Au Backe, das hat aber doll wehgetan, aber es wird bestimmt wieder gut. Das ist mir auch schon passiert, jetzt kaufen wir ein Eis im Becher!" "Das war nicht nett von deinem Bruder, lass uns mal mit ihm reden". Danach ging es ihm viel besser und die Sorgen waren schnell vergessen. Ein wunderbares Gefühl der Geborgenheit. Mehr davon bitte!
Die guten alten Zeiten können romantisch sein. Aber nicht alles, was wir von unseren Eltern kennen und übernehmen, ist das Beste. "Indianer kennen keinen Schmerz." Ist das eigentlich noch politisch korrekt? "Ein richtiger Junge weint nicht." Auf Neudeutsch: Nur die Harten kommen in den Garten. Das sind überholte Sprüche, die Seelen von Jungs nachweisslich und nachhaltig verletzen. Tapferkeit und Härte galten lange Zeit als erstrebenswerte Tugenden, besonders für Männer. Es lohnt sich, sich Gedanken zu machen, ob das wirklich gut war, ob man dieses Männerbild weitergeben will. Schaut man auf seine Familiengeschichte, lernt man besser zu verstehen, besser zu trösten. Den Indianer, ebenso wie den tapferen Krieger.
Kein Partner kann immer alles richtig machen. Manchmal gibt es die Situation einfach nicht her. Manchmal ist man selbst in einem Loch und braucht dringend tröstende Worte. Äussere und innere Ruhe, Kraft, Mitgefühl - was eine Männer-Flüsterin nicht alles mitbringen muss? Anstrengend, aber ein Gewinn für jede
Beziehung.
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