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Beitrag vom 20.08.2022
Allein der Name lässt nichts Gutes hoffen, wer hat sich das bitte ausgedacht? Selbst der Duden kann die Herkunft von
Stiefmutter nicht liefern. In den grimmschen Märchen haben wir böse Beispiele: Aschenputtel, Schneewittchen, Frau Holle. Allesamt egoistische Frauen, die ihre sadistischen Neigungen an den Stiefkindern ausleben.
Da haben die Franzosen mehr Gespür: la belle-mère - die schöne Frau. Allerdings nennen sie die Schwiegermutter genauso, aber das ist ein anderes Thema.
Bonusmama heisst man heute. Also neben der leiblichen Mutter, eine on-top - klingt erst mal positiv. Trennungskinder sehen das nicht unbedingt als Gewinn, sie verbinden den Kummer der
Trennung mit der neuen Frau von Papa - sie ist schuld und sie ist doof.
Die
Beziehung ist so frisch, alles neu und es geht so schnell, und dann diese Bonuskinder. Uff - einfach geht anders. Dabei konnte sie es schon vorher wissen. Sie hat sich für den Second-Hand-Mann im Package entschieden.
Kinder inklusive, Umtausch ausgeschlossen, Garantie abgelaufen.
Hätte, hätte Fahrradkette
Es war
Liebe auf den ersten Blick, beim Après-Ski stand er auf einmal neben ihr. Es fühlte sich so richtig an: wie sie miteinander tanzten, wie er sie berührte, wie er roch. Zu schön, um wahr zu sein.
Wie ich mein
Glück kenne, bist du verheiratet und hast zwei
Kinder. Uuumpf. Für eine Antwort war die Musik zu laut. War ihr in dem Moment auch egal, sie wollte ihn und er wollte sie. Der Moment wurde magisch - auf dem Gästesofa. Nach einigen Stunden mussten sie sich trennen, aber das Gefühl blieb.
Schon lange vorher wollte er sich trennen, seine Noch-Frau hat ihn erpresst: Wenn du mich verlässt, siehst du die Kinder nie wieder, ich ziehe dir finanziell die Hosen aus. Hätte sie gewusst, was alles auf sie zukommt, wie viel Kraft, Mut und Tränen es kostet, dann hätte sie ihn in die Wüste gejagt. Schluss - Aus - Ende.
Hat sie aber nicht. Sie ist zu ihm, in seine Stadt, gezogen. Eine gemeinsame, teure Wohnung mit zwei Kinderzimmern extra. Schnell hat sie einen neuen Job gefunden und alles gemanagt. Dann kam sie in der Realität an.
Die Kinder waren unmöglich zu ihr als
Stiefmutter, die
Ex sprühte mit Gift um sich, der
Vater wurde traurig und unsicher. Und dann auch noch das liebe Geld. Er musste für die Kinder und die Ex Unterhalt zahlen, da blieb am Ende des Monats nicht viel übrig. Stress an allen Ecken und Enden.
So habe ich mir das nicht vorgestellt
Kurz vorab: Eine Frau, die diesen Schritt macht, möchte am liebsten die freie Zeit unbekümmert mit ihrer neuen
Liebe verbringen und geniessen. Sie liebt diesen Mann nicht, weil er
Vater ist, sondern - notgedrungen - trotzdem. Als Letztes wünscht sie sich, dass die
Ex Dauer-Thema ist. Sie ständig im Hintergrund die Fäden in der Hand hält, sie plötzlich aus dem Nichts auftaucht, sie über alle zu schweben scheint.
Egal wie geschmeidig die Trennung war, die Ex wird immer ein Teil der Familien-Geschichte bleiben. Anders als eine Ex ohne
Kinder, die verschwindet nach der
Scheidung schnell aus dem Leben, easy also.
Wer hat schon
Lust auf vorprogrammierte Konflikte? Absprachen hier, Absagen da, spontane Planänderung und Störmanöver. Die Bonusmutter kann sich nicht so richtig freuen, wenn ein romantisches Wochenende platt gemacht wurde - die Ex hat es sich kurz vorher anders überlegt oder den Termin falsch notiert ...
Hauptperson ist nun einmal der Kindsvater, für ihn steckt die
Stiefmutter oft zurück und tut alles, damit es ihm mit seinen Kindern gut geht. Es ist ja richtig, dass er so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringt. Doch wo bleibt die Neue? Was ist mit ihren Bedürfnissen?
Furcht fressen Vaterseele auf
Ist er unsicher, kommt die Furcht hinzu, dann dreht sich alles darum, kein Stress mit der
Ex zu haben, den Kindern zuliebe. Eigentlich starke Männer schlucken alles, sind Spielball. Sie geniesst ihre Macht oft auch auf den Rücken der
Kinder - die wirklich nichts dafür können.
Da kann man noch so mitfühlend und tolerant sein, irgendwann platzt einem als neue Frau und
Stiefmutter der Kragen. Ein Machtwort wäre schön. Wenn es ausbleibt, muss man sich damit abfinden, es ist ja nicht ihre Aufgabe.
Helfen können gute Gespräche mit offenen Worten, bevor es zu spät ist. Wichtig: Der
Vater sollte bei der Ex auch ein NEIN sagen, zu seiner neuen Frau stehen und für sie Partei ergreifen.
Wünsche definieren: Wie kann ein Kinderwochenende ohne die Bonusmama ablaufen? Inklusive Hausaufgaben, Kochen, Ausflüge, Sport, Baden. Kann die Bonusmama in der Zeit etwas unternehmen, was ihr gefällt und guttut? Die Freunde auf dem Land besuchen oder ihrem Hobby nachgehen.
Gibt es einen fixen Jahreskalender, Änderungen sind nur mit einem angemessenen Vorlauf gemeinsam abgestimmt, möglich. Checklisten für Übernachtungskoffer, Schultasche, Sporttasche etc. Ex-Frauen haben die Eigenart, falsche Sachen einzupacken, sie verwechseln Winter mit Sommer, die Klamotten sind zu klein, die Schuhe kaputt.
Der Vater kann doch in die Tasche greifen und dir schöne neue Sachen kaufen. Reizthema Finanzen: Wer zahlt den Kindern die Extras? Beteiligt sich die Ex?
Viel Geduld, gute Nerven, Gelassenheit, Humor und vor allem viel
Liebe sind gefragt. Nur dann kann das Modell Patchwork harmonisch funktionieren. Statistisch gesehen hält es kürzer als andere Beziehungen. Aber Ausnahmen gibt es reichlich. Bonne chance, belle-mère!
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