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Beitrag vom 14.08.2022
Unsere Entwicklung wurde geprägt von unseren Eltern, Lehrern und Menschen aus unserem sozialen Umfeld. Doch auch die Gesellschaft und Kultur, in der wir aufwachsen, leisten ihren Beitrag dazu.
Geht es um unsere eigene sexuelle Identität, dann wird uns, bis auf wenige Ausnahmen, die gesellschaftliche Erwartung beziehungsweise Norm der Heterosexualität vorgelebt. Ungeachtet dessen, ob diese der tatsächlich vorhandenen Sexualität entspricht.
Es heisst, dass die
sexuelle Orientierung eines Menschen von genetischen Faktoren mitbestimmt wird und damit auch
Homosexualität unveränderlich wäre.
Was, wenn die Norm sich nicht gut anfühlt?
Wenn man mit dem anderen Geschlecht nichts anfangen kann?
Die eigene Sexualität verleugnen?
Oder lohnt es sich, seinem persönlichen Lebens- und Liebeskonzept zu folgen?
Ein sogenanntes
Coming-out, ein grosser persönlicher Schritt. Der nicht nur Herausforderungen, sondern auch Widerstände mit sich bringen kann.
Was steckt dahinter?
Der englische Begriff
Coming-out bedeutet so viel wie etwas rauslassen, sich zu etwas bekennen oder etwas öffentlich machen. Also zu der eigenen, von der Norm abweichenden Sexualität zu stehen. Häufig wird auch von
Outing gesprochen.
Es ist ein Prozess, der sich aus dem inneren und äusseren Coming-out zusammensetzt. Diese Phasen können Monate oder gar Jahre dauern. Denn der Weg ist lang. Von der ersten Ahnung über die bewusste Wahrnehmung und Akzeptanz bis hin zur Verinnerlichung, dass die eigene
sexuelle Orientierung von der des Umfeldes abweicht.
Beim äusseren Coming-out geht es dann um das Bekenntnis beziehungsweise die
Offenbarung gegenüber der Familie sowie dem engen und weiteren sozialen Umfeld. Sich zu outen, schwul oder lesbisch zu sein.
Im Gegensatz zu den westlichen Breitengraden gibt es immer noch viele Länder und Kulturen auf der Erde, bei denen
Homosexualität als eine Sünde gilt. Mit einer abweichenden Sexualität wird Schande über die Familie gebracht und damit auch deren Ehre besudelt.
In den meisten Fällen wird der
Homosexuelle aus dem gemeinsamen Leben verbannt. Doch neben der Ausgrenzung lassen sich ebenso Gewalt, Verfolgung, Gefängnis oder gar die Todesstrafe finden.
Das bedeutet allerdings nicht, dass Menschen in Ländern mit höherer Akzeptanz von abweichender sexueller Orientierung, nicht trotzdem mit Problemen zu kämpfen haben, wenn sie sich outen.
Nicht jeder wird sich mit diesem Lebens- und Liebeskonzept anfreunden können. Vorurteile sind keine Seltenheit. Zudem sind auch diese Länder nicht frei von politischen und religiösen Einflüssen.
Selbst in unserer Welt gelten Homosexuelle als Minderheit. Die Bekundung der Zugehörigkeit kann erhebliche Widerstände mit sich bringen.
Inneres und äusseres Coming-out kann verschiedene Formen haben
So können sich schon der Weg der Selbstfindung und die Annahme nicht ganz so einfach gestalten. Einige tun sich wiederum schwer, die Hürde des äusseren Outings zu nehmen.
Es kann sein, dass man um seine abweichende
sexuelle Orientierung weiss, aber trotzdem versucht diese Erkenntnis immer wieder zu verdrängen. Oder auf Zeit spielt und das
Coming-out immer weiter hinausschiebt.
Genauso ist es möglich, dass die
Homosexualität verborgen und phasenweise gelebt wird. Auch gibt es Menschen, die ihre Sexualität dann in einer anderen Stadt offener ausleben. Da sie so zwei Welten schaffen können, die im Normalfall nicht aufeinandertreffen. Augenscheinlich ein adäquater Ausgleich, der allerdings auch keine dauerhafte Lösung ist.
Auch wenn die Gesellschaft etwas offener geworden ist, ist doch dieser persönliche Prozess ein grosser Schritt. Grübeleien und Selbstzweifel über die eigene Sexualität bleiben wahrscheinlich nicht aus. Und vermutlich wird man nicht ganz frei von Furcht und Sorgen darüber sein, wie das Umfeld das
Outing aufnehmen wird. Doch die Offenheit von Freunden und Bekannten ist nur eine Seite der Medaille.
Auch sie müssen die Information erst mal verarbeiten, falls sie nicht sowieso schon einen Verdacht hatten. Das bedeutet auch, dass sie sich vielleicht mit Unsicherheit und Sorgen tragen, dass sich möglicherweise das Verhältnis zueinander durch das Coming-out ändern könnte.
Eine Zeit, die für den Betroffenen meist alles andere als einfach ist.
Doch auch danach wird es nicht in jedem Fall auch einfacher
Viele
Homosexuelle können sich auch nach Jahren des Outings trotzdem nicht ganz von gesellschaftlichen Verurteilen frei machen. Denn sie wissen, dass sie immer noch in der Minderheit sind.
Umzug, neuer Arbeitsplatz, neue Menschen, wann immer eine private oder berufliche Veränderung ansteht, kommt auch immer wieder die Überlegung auf, ob und wie man seine
sexuelle Orientierung offenbart. Denn es ist nicht so einfach, auf Anhieb einzuschätzen, wie ein Fremder auf
Homosexualität reagiert.
Ein Outing kann auch Erkenntnis bringen
Mit einem
Coming-out kann man sich nicht nur selbst befreien. Es wird auch offenbaren, wer wahre Freunde sind. Wer den anderen so nimmt, wie er ist, weil er sich als Mensch nicht verändert hat. Das Vertrauen in die Verbindung durch ein Outing nicht erschüttert werden kann. Der Homosexuelle auch weiterhin das Leben auf seine ganz eigene Weise bereichert.
Wer sich abwendet, den sollte man ziehen lassen. Denn dadurch, dass man beschlossen hat, zu sich und seinem Lebens- und Liebeskonzept zu stehen, öffnet man den Raum für neue Menschen, die auf der gleichen Wellenlänge schwimmen ...
Wie ein Outing sich in verschiedenen Lebensphasen gestalten kann, dazu mehr in einem weiteren Artikel.
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