Foto: George Rudy / Shutterstock.com
Beitrag vom 01.04.2021
Wer kennt es nicht? Ein
Streit zwischen Paaren. Einmal begonnen, rennt man oft in eine Sackgasse, ein Ausweg ist nicht in Sicht. Umkehren ist keine Option. Sie will etwas anderes als er, hat eine andere Meinung. Er verteidigt seine Ansicht mit harten Argumenten, will überzeugen. Sie fühlt sich bevormundet, nicht ernst genommen. Beide vermischen das ursprüngliche Thema mit anderen ungeklärten Konflikten.
Vorwürfe, Beschuldigungen, Allgemeinheiten und Gemeinheiten - alles dabei. Sie schaukeln sich gegenseitig hoch und er wird noch lauter.
Wums. Schlagartig macht sie dicht, es kommt kein Ton mehr raus, keine Geste, kein Seufzer - sie verlässt den Raum. Die Tür ist zu - auch innerlich ist alles verschlossen. Vorbei die Chance auf ein gutes Ende. Innerlich kocht sie vor
Wut, sie schluckt ihren Frust hinunter, macht eine Faust in der Tasche und will nur noch eins - flüchten.
Sie hat gelernt, an einem gewissen Punkt so zu reagieren - Streit aus dem Weg zu gehen, um des lieben Friedens willen. Von seiner Seite betrachtet, ist es auch stressig:
Was versteht sie nicht daran? Was genau ist ihr Problem? Jetzt stehe ich hier wie ein Blödmann. Lässt mich einfach alleine. Hat unsere
Beziehung einen Knacks? Wie bekomme ich das wieder hin? Liebt sie mich jetzt weniger?
Probleme unter den Teppich kehren - typisch Frau?
Die
Wut in der Stille mit sich selbst auszumachen, ein Verhalten, das sehr weiblich ist - es soll natürlich auch Ausnahmen geben. Wütende Frauen, die im
Streit ausrasten, lautstark dem Mann die Meinung geigen oder sogar mit der Faust auf den Tisch hauen, sind in unserem Kulturkreis nicht attraktiv. Sie sind als Zicken, Diven, Kratzbürsten abgestempelt. Früher wurden sie verbrannt oder zumindest zu Ader gelassen, um das Übel mit Blut zu entsorgen - aber das ist Geschichte.
Noch heute steht diese Art Frauen gesellschaftlich im Abseits. Es entspricht nicht der Norm, wenn Frauen ihre
Gefühle nicht im Griff haben, das ist nicht erwünscht. Wer lädt schon gerne hysterische Weiber zu einer Feier ein? Wer tut sich diese komplizierte Freundin an?
Aber ein Mann, der mal ordentlich Dampf ablässt, zeigt Charakter, hat Eier, ist eine echte Persönlichkeit. Öffentliche Beispiele kennt man vom Sport: der Tennis-Star, der aus Wut seinen Schläger zertrümmert und den Gegner übelst beschimpft. Der Fussballtrainer, der in einer Pressekonferenz austickt, Schauspieler, dessen Markenzeichen es ist, unverhofft zu explodieren. Das ist dann sogar:
Kult!
Im Berufsleben wird ein cholerischer Chef akzeptiert. Er ist halt aufbrausend! Immerhin sagt er, was er denkt. Selbst wenn er ein Ventil für seine Wut bei den Mitarbeitern sucht, ist das normal. Gleiches Verhalten bei einer Chefin, dann heisst es: Die ist impulsiv, problematisch und schwierig. Oder sie hat hormonelle Probleme: Sie braucht mal wieder einen richtigen Mann!
Gründe, wieso man mauert
Stonewalling macht man meist nicht bewusst, es ist eher eine spontane, reflexartige Reaktion. Erlernt durch Erziehung, von den Eltern oder von anderen Vorbildern übernommen.
Was dahinter steckt:
- Die Sorge, den Partner zu verlieren. Im
Streit zieht man ab einem bestimmten Punkt die Reissleine, um Schlimmeres zu verhindern. Man will es nicht auf die Spitze treiben aus Furcht, dass es das Ende sein könnte.
- Selbstschutz: In anstrengenden Situationen kann man nicht noch eine weitere Baustelle gebrauchen. Man braucht Ruhe, wenn das Leben gerade besonders viel Kraft fordert.
- Harmonieliebe: Streiten ist generell anstrengend.
Fünf Schritte für ein besseres Streit-Ende
Schritt Eins:
Fragen Sie sich, ob ein Muster hinter Ihren Mauern steckt. Wie reagieren Sie bei einem Streitgespräch mit ihrem Partner? Kommen Sie oft an einen Punkt, an dem Sie blockieren und die Flucht ergreifen, obwohl es innerlich brodelt? Bedenken Sie, wie das bei Ihrem Gegenüber ankommt und welches Signal Sie damit senden ...
Schritt Zwei:
Beschreiben Sie, wie es sich anfühlt: Ich bin im Moment mit der Diskussion einfach überfordert. Ich kann jetzt nicht darauf eingehen, ich muss mich erst einmal sortieren, mir ein paar Gedanken machen. Habe gerade keinen klaren Kopf dafür. Ich fühle mich nicht stark genug, das jetzt zu diskutieren. Bitte gib mir einen Moment.
Schritt Drei:
Einen Zeitrahmen festlegen, bis wann das Thema wieder auf den Tisch kommt. Oder einen festen Termin ausmachen. Der muss dann fix sein und Sie müssen von sich aus in das Thema wieder einsteigen. Vorteile: Auch der Partner kann sich sammeln, die Gemüter sind beruhigt, es wird sachlicher. So kann man mit klarem Kopf das Gespräch wieder aufnehmen.
Schritt Vier:
Um dem Partner jeder Art von Verunsicherung zu nehmen, gehen Sie auf Körperkontakt. Zupfen Sie ein Haar vom Pullover, streicheln Sie kurz über seine Hände. Nicht übertreiben, er ist kein kleiner Junge.
Schritt Fünf:
Versöhnung, auch wenn nicht alles geklärt ist. Es gibt ja Chancen auf eine zweite Runde. Eine Runde ohne
Stonewalling. Sagen Sie, wie Sie zu Ihrem Partner stehen, auch wenn es mal knallt. Was für ein wichtiger Mensch er ist und er sich Ihrer
Liebe sicher sein kann. An der Stelle hilft auch Humor: Du bist mein Prinz/meine Prinzessin, nicht weil du
Drachen tötest, sondern weil du mich auch dann liebst, wenn ich zum Drachen werde.
Es lohnt sich, an diesem Verhalten zu arbeiten, am besten gemeinsam. Auf Dauer ist das Mauerbauen toxisch für jede Beziehung. Man steuert auf ein Aus der
Liebe zu, weil der Partner es eines Tages nicht mehr erträgt und womöglich das Weite sucht.
© Zukunftsblick Ltd.
Rechtliche Hinweise❮ Vorheriger ArtikelWenn Liebe zur Obsession wird
Nächster Artikel ❯Selbstliebe, aber wie?