Vergeben ist nicht gleich Vergeben

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Beitrag vom 05.04.2021

Vergeben ist nicht gleich Vergeben

Das Wort "Vergebung" wurde vom Begriff Verzeihung abgeleitet, vor allem in der evangelischen Zeit, da man der Annahme war, dass uns die Verzeihung von unserer Schuld von Gott gegeben werden muss, oder stellvertretend von einem Pfarrer. Aus diesem Grund entstand der Begriff Vergebung. Doch wie steht es wirklich um die Vergebung und ist sie eigentlich wichtig?
Warum aber sprechen alle vom Akt der Vergebung, wenn uns die Vergebung nur Gott geben kann? Müssen wir, um Vergebung zu erlangen, also einer Kirche oder Religion angehören? Und was, wenn man das nicht möchte? Bleibt man dann auf ewig "schuldig", oder kann man dann auch anderen nicht vergeben? Das würde wenig Sinn machen, denn wenn jemand von Herzen vergibt, aber keiner Religion angehört, ist es doch dennoch von Herzen und sicher gültig. Was nützt die Schuldvergebung eines Pfarrers, wenn wir die gleichen Dinge immer wieder tun und gar nicht von Herzen bereuen?

Hierzu gehen die Meinungen gerade in den verschiedenen Kulturen und Religionen ziemlich auseinander.

Einer der grössten Vertreter der Vergebung war bekanntlich Jesus Christus. Beinahe jeder kennt den Satz: "Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Oder aber auch ist er das Sinnbild für die Vergebung unserer Sünden am Kreuz durch seinen Tod.

Was die Vergebung jedoch garantiert, ist, dass sie selbstlos ist. Jedenfalls dann, wenn man auch wirklich vergibt. Denn wer vergibt, oder um Vergebung bittet, der sollte keine Erwartungen haben. Wer nur dann vergibt, wenn er ein Schuldzugeständnis bekommen hat, oder vergibt um einen anderen Menschen zurückzugewinnen, der hat die Natur der Vergebung nicht verstanden. Wie oft spricht man das Wort Vergebung doch einfach nur aus, ohne es wirklich so zu meinen? Das ist aber nicht selbstlos, sondern schlichtweg gelogen.

Man denkt vielleicht auch, man habe vergeben, doch unbewusst spielt man die vergangenen Dinge immer wieder durch oder beim nächsten Konflikt kommen alle Schuldzuweisungen wieder zur Sprache.

Vergebung bedeutet also nicht, dass wir Schuld, Schmerz, Ärger, Trauer oder Wut einfach unter den Teppich kehren im Namen der Vergebung. Sondern sie beginnt damit, diese Dinge auszugraben und wirklich anzuschauen! Es bedeutet auch, dass man sich selbst richten oder eben berichtigen muss.

Genau da wird es für viele etwas schwieriger, denn der Mensch neigt im Allgemeinen dazu, die Schuld anderen zuzuschreiben und andere zu richten, statt sich selbst einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Ist Vergebung wirklich wichtig?

Warum sollte man vergeben, oder um Vergebung bitten? Was für einen Unterschied macht es aus für das Leben? Warum sollte man Leichen aus dem Keller ausgraben, wenn sie doch niemand dort vermutet? Nun, die Frage ist, ob man mit Leichen im Keller wirklich nachts gut schlafen kann und tagsüber nicht irgendwie doch ein mulmiges Gefühl dabei hat? Vielleicht hat Vergebung also auch einiges mit einem guten Gewissen zu tun? Das ist natürlich bildlich gesprochen, aber im Allgemeinen lebt man bekanntlich zufriedener, wenn man niemandem mehr etwas schuldig ist. Im Übrigen stirbt man auch besser. Es heisst ja nicht umsonst "Rest in Peace."

Man sollte bedenken, besonders jene, die an die Wiedergeburt glauben, dass wir immer offene Rechnungen mit in ein Leben nehmen. Die Begleichung dieser Schulden heisst Vergebung. Dazu kommt, dass auch wir anderen Menschen vielleicht Leid zugefügt haben, ohne dass uns das bewusst war. Wäre es dann nicht angebracht, dass wir der Vergebung etwas mehr Wichtigkeit einräumen? Wäre es in diesem Sinne nicht angemessen, alle Menschen, denen wir bewusst oder unbewusst weh getan haben, um Vergebung zu bitten, oder auch umgekehrt? Nicht umsonst sagt man, man sollte jeden Tag ein Vergebungsgebet oder Ritual durchführen. Wenn man darüber nachdenkt, macht es sicherlich viel Sinn, denn manchmal haben wir auch Leichen im Keller, von denen wir gar nichts wissen!

Wie vergibt man richtig?

Wenn wir also wirklich vergeben wollen, dann müssen wir das aus vollem Herzen tun, ohne eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Wir vergeben, weil wir keine Leichen im Keller möchten, wir tun es, um mit uns selbst im Frieden zu sein. Man kann das Geschehene nicht mehr ändern und das gilt es als erstes zu akzeptieren. Mit diesem Akzeptieren, dass man die Vergangenheit nicht rückgängig machen kann, ist der Schritt zur wirklichen Vergebung schon fast getan.

Das Angebot der Vergebung ist etwas, dass man gibt, es ist wie ein Geschenk an sich selbst oder jemanden anderen. Man kann Vergebung nicht kaufen oder erzwingen, man kann sie nur erbitten oder selbst geben!

Indem wir also vergeben, schenken wir uns selbst und anderen Menschen etwas wichtiges zum Seelenfrieden. Vergebung ist ein innerer Akt der Selbstlosigkeit, der auch dann seine Wirkung hat, wenn man vielleicht nicht mehr die Möglichkeit hat, es mit einer Person zu klären. Wenn wir also um Vergebung bitten, die andere Person uns aber nicht vergeben will, oder kann, dann haben wir dennoch um Vergebung gebeten und für unsere Seele ist diese wie ein Geschenk. Die Schuld ist mit dem Erbitten von Vergebung getilgt - solange es aus tiefstem Herzen kommt!

Bittet uns eine andere Person um Vergebung, sollen wir sie erst dann geben, wenn wir es auch wirklich können, ansonsten wäre es kein Geschenk, sondern ein Schuldschein. Vergebung muss also selbstlos von Herzen kommen, ansonsten ist es keine Vergebung!


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