Wir alle erinnern uns an Märchen mit der "bösen
Stiefmutter" ... Sie war das Synonym der Bösartigkeit, des Betrugs, der Intrigen, der Perfidität.
Glücklicherweise hat sich heutzutage einiges geändert. Die "andere Mutter" ist eine Person, die wir öfter durch die zunehmenden Scheidungen finden.
Früher war das ganz anders ...
Wenn wir die vorherrschenden Bedingungen in vergangenen Zeiten durchleuchten und zugleich die Unsicherheit der damaligen Frauen, verstehen wir umso besser das Verhalten der "
Stiefmutter", ohne es natürlich zu rechtfertigen. Die Lebensbedingungen waren damals sehr unangenehm. Die zweite Ehe des Vaters fand eher nach dem Ableben der ersten Partnerin statt und die Wahl der zweiten Partnerin wurde eher mit dem Massstab, inwieweit sie geeignet wäre, den bereits vorhandenen Haushalt zu führen und die
Kinder aus erster Ehe gut zu erziehen, getroffen.
Sobald die neue Ehefrau ihre eigenen Kinder bekam, begann ein Kampf, der ihren eigenen Kindern mehr Rechte einräumen sollte, besonders was das Vermögen des Vaters betraf. Es war eher ein Überlebensthema und so ist es auch zu erklären.
Im hier und jetzt ...
Inwieweit kann es ein
Kind beeinflussen?
Es ist nur von einer der folgenden zutreffenden Situation zu beurteilen:
Besteht ein Ableben der Kindesmutter?
In diesem Fall haben wir ein
Kind, das seine Mutter verlor und die Folgen dieser Erschütterung an seinem seelischen kindlichen Dasein nagen. Hier hat die Frau, die als neue Ehepartnerin von Papa ins Haus kommt, offensichtlich mehr Chancen, eine "neue Mutter" für das Kind zu sein. Das Kind empfindet dabei, dass es die Fürsorge und Aufmerksamkeit einer anderen Frau hat, die mit der Zeit die eigene Mutter ersetzen kann ...
Sind die Eltern des Kindes geschieden?
Dieser Fall unterscheidet sich vom erst erwähnten, denn ein Kind von geschiedenen Partnern hat womöglich mit der Trauer der
Scheidung zu kämpfen und dem Hoffnungsverlust einer Eltern-
Partnerzusammenführung.
Es ist ganz wichtig für dieses Kind, dass dieser Prozess der Überwindung abgeschlossen ist und es die "neue" Frau, also die "Vertretung" seiner leiblichen Mutter erst "danach", kennenlernt.
In diesem Fall heisst es "Geduld haben", bis das Kind die Tatsache der
Trennung akzeptiert hat.
Eine Scheidung ist für
Kinder von Grund auf eine "qualvolle Prozedur".
Gegebene Zustände, die Sicherheit gaben, werden während und nach der Scheidung destrukturiert. Sie brauchen bestimmt Zeit, um sich an die neue Lebenssituation zu gewöhnen. Die Dauer ist allerdings von der Handhabung und der Unterstützung beider Eltern abhängig. Je mehr Klarheit, Akzeptanz und Sicherheit die Eltern "ausstrahlen", je dynamischer und lebenslustiger Sie sich in Ihrem neuen Dasein bewegen, je mehr Freude Sie vorleben, desto leichter machen Sie Ihren Kindern die neue Lebenssituation.
Welche sind die wahrscheinlichsten Reaktionen des Kindes?
Die Reaktion eines Kindes ist von der
Beziehung der Expartner, des familiären und verwandtschaftlichen Umfeldes (alt und neu) und besonders von der Reife der Erwachsenen abhängig. Wenn sich alles in logischem Rahmen bewegt, wenn alle geduldig und verantwortungsvoll handeln, hat ein Kind die Chance, ein gutes Verhältnis mit einem anderen Erwachsenen, der in sein Leben tritt, zu entwickeln; in diesem Fall die
neue Partnerin des Vaters.
Ein bedeutender Punkt ist das Befinden der leiblichen Mutter und inwiefern sie die neue Beziehung ihres Ex-Partners akzeptiert und weiter, inwieweit sie das Verhältnis des Kindes, das sich mit der neuen Partnerin des Ex entwickelt, befürwortet. Dieses ist darauf zurückzuführen, da in einem solchen Fall die leibliche Mutter meistens eine wahnsinnige Unsicherheit empfindet, wenn sie merkt, dass ihr Kind die neue Frau akzeptiert und auch sympathisch findet, sie vielleicht mag und die Mutter dadurch ihr Kind "verliert". Es ist also natürlich, wenn sie solchen Gedankenstrukturen und emotionalen Verhängnissen verfällt, dass sie diese dem eigenen Kind überträgt und oft ungewollt das Kind dadurch negativ beeinflusst. In diesem besonderen Fall ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Kind Schuldgefühle empfindet.
Wie denkt, wie verhält sich die neue Partnerin?
Meistens, wenn der Partner Kinder aus seiner alten Ehe mitbringt, gerät die neue Partnerin in eine Stresssituation. Sie muss als erstes lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Sie muss für das Kind eine "gute Freundin" werden, ohne natürlich dieses für das "Gewinnen" des Vaters/Partners auszunutzen. Sie muss eine wichtige Rolle im Leben des Kindes spielen, ohne die Mutter ersetzen zu wollen. Sie muss vor dem Kind mit Bestimmtheit auftreten, ohne dominant auf das Kind zu wirken und - ganz wichtig, besonders am Anfang - ohne zu erwarten, dass das Kind sie akzeptiert oder "auf sie hört".
Jede Frau hat natürlich gewisse Prinzipien. Frau oder Mann stelle sich nur mal vor, wenn diese Prinzipien nicht den der leiblichen Mutter entsprechen, wie schwierig dieses Dasein für die neue Partnerin und allen Beteiligten (Vater, Kind, Ex-Frau) sein wird.
Es sollte immer im Auge behalten werden, dass ein Kind von der "
Stiefmutter" nur Akzeptanz und
Liebe braucht. Vorsicht, Respekt und Feinfühligkeit sind hier gefragt, damit keine Probleme entstehen. Es ist auch bei den beiden Partnern, dem neuen Paar, Ruhe, Geduld und Reife gefragt.
Die Stiefmutter:
- Soll die Liebe, das Vertrauen und das zwischenmenschliche Verhältnis mit dem Kind aufbauen und nicht die Mutter ersetzen.
- Soll die Beziehung als zweite Partnerin /Ehefrau des Vaters (Partners) aufrechterhalten und somit ein freundschaftliches Verhältnis und nicht gerade ein mütterliches mit dem Kind entwickeln.
- Soll die möglichen Anweisungen und Prinzipien der leiblichen Mutter des Kindes respektieren und sich eventuell an diese halten oder sie aufrechterhalten.
- Soll dem Kind die Geduld und Zeit geben, sich ihr anzunähern und sich an sie zu gewöhnen.
- Soll eine gute und ehrliche Zusammenarbeit mit dem Kindsvater (Partner) haben und mögliche Wahrheiten oder Vorfälle nicht verbergen oder diese falsch darstellen.
- Falls sie sich ein eigenes Kind vom Partner wünscht, sollte sie es langsam angehen; das Kind, das da ist, hat Vorrang, denn es muss eventuell seelische Probleme durch die Trennung der Eltern bewältigen.
- Sie sollte die Zeit, die der Partner mit seinen Kindern verbringt, respektieren, ohne dieses als Bedrohung zu empfinden. Im Gegenteil, wenn sie ihren Partner liebt, sollte sie solche gemeinsamen Vater-Kind-Kontakte befürworten und bekräftigen, nicht heuchlerisch, sondern im Wesentlichen. Denn wenn sie selbst mit dem Gefühl "im Mangel" und "auf der Strecke bleiben" in die Beziehung mit dem Partner reingeht, wird sie eher ein "auf Konkurrenz basierendes Verhältnis" mit dem Kind aufbauen und dadurch verlieren alle Beteiligten.
Wenn die neue Partnerin auch Kinder mitbringt
Es sollte beachtet werden, nie die Wahrnehmungsfähigkeit eines Kindes zu unterschätzen. Kinder merken immer, wenn wir in einem Dialog mit ihnen ehrlich und respektvoll gegenübertreten. Es ist für ein Kind schon schwierig genug, mit einer neuen Frau eventuell im Haus seines Vaters klarzukommen und umso schwieriger wird es sein, wenn noch fremde Kinder dort mit ihrem Vater wohnen, während es selbst woanders wohnt. Dies ist eine Situation, in der ein Kind ungut reagieren kann. Besonders wegen "dieser neuen Frau, die in das Leben ihres Vaters kam und alles verändert hat".
Es sind sehr viele praktische und emotionale Schritte erforderlich, damit die Dinge ihren richtigen Lauf nehmen. Wie beispielsweise, wenn ein neues Kind in die Familie kommt. In diesem Fall fühlt das Kind im wahrsten Sinne des Wortes, wie es den Boden unter seinen Füssen verliert. Das neue Kind oder Baby ist das Kind der neuen Beziehung und diese Tatsache ist für das Kind aus der letzten Ehe sehr schwierig, sodass es meint, dass sein Platz im Haus des Vaters höchst gefährdet ist. Es bedarf grosser Anstrengung seitens des leiblichen Elternteils als auch des "Stief-Elternteils" das Kind zu überzeugen, dass die Fürsorge, die Pflege, die Zuneigung und die Liebe ihm nicht vorenthalten werden und sich nichts ändern wird.
Die Ex-Ehefrau, die eventuell allein ist
Ein wichtiger Punkt ist, wie die leibliche Mutter des Kindes lebt. Hat sie sich eventuell in sich verschlossen? Bewältigt sie mit Leichtigkeit ihren Alltag, hat sie vielleicht Existenzprobleme oder andere Probleme? Denn all dieses beeinträchtigt auch ihr Kind und es ist von grosser Wichtigkeit, wie die Mutter mit diesem Thema umgeht. Wenn sie also von einer negativen Lebenseinstellung geleitet wird und/oder sich aufgegeben hat und in eine Opferrolle geschlüpft ist, muss sie sich im Klaren sein, dass auch ihr Kind, welches bei ihr aufwächst, auch keine Lebensmotivation haben wird. Wahrscheinlich wird das Kind die Verantwortung und die Last auf sich nehmen, um für die Mutter eine Stütze zu sein. Es wird so weit gehen, dass das Kind ein Pflichtbewusstsein entwickelt, in dem es alles tut, um sie zufriedenzustellen. Währenddessen es sich selbst und sein Leben aufgeben wird, ja sogar in einem dualen Verhältnis mit der Mutter ein Leben lang gefesselt sein wird.
In diesem Fall entwickelt das Kind Schuldgefühle und Unsicherheit durch die Feststellung, dass es der Mutter im Gegensatz zum Vater, der eine neue Partnerin hat und eventuell auch dem Kind selbst, dass eine Stiefmutter hat, sehr gut geht. Wo hingegen der Mutter es sehr schlecht widerfährt. So identifiziert sich das Kind mit der Mutter und verspürt Wut zu seinem Vater.
Natürlich werden diese Strukturen von Generation zu Generation weiter gegeben, wenn nicht daran gearbeitet wird.
Die Mutter schuldet erst mal sich selbst, es sich gut gehen zu lassen und nicht sich des Kindes Willen zu verstellen und vorzugeben, sie hätte ihr inneres Gleichgewicht gefunden.
Wenn sie sich von selbst für einen dynamischen Einstieg ins Leben entscheidet, erzieht sie ihr Kind, wie es positiv auftretende Schwierigkeiten im Leben meistert und überwindet. Leider ist es menschlich nicht immer möglich, wobei nicht unbedingt unmöglich, dass idealerweise in solch einem Fall die leibliche Mutter des Kindes und die neue Partnerin "beste Freundinnen" werden. Allerdings wäre es zumindest ratsam und gut für das Kindeswohl, das die beiden Frauen eine "zivilisierte" Beziehung von Zusammenarbeit und Zusammengehörigkeit entwickeln und aufrechterhalten.
Die Rolle des Vaters
Die Vaterrolle ist auf jeden Fall der Schlüssel, der "Ansatz- und Stabilisierungspunkt" für das Wohlergehen des Kindes.
Denn vom Vater und seiner Haltung empfängt das Kind die Kraft, bekommt Sicherheit und merkt, dass es akzeptiert und geliebt wird. Er ist nämlich derjenige, der langsam, aber stetig dem Kind vermittelt, dass es das Recht hat, die leibliche und die Stiefmutter gleichzeitig zu lieben, ohne Schuldgefühle und Stress zu haben.
Letztendlich ist es der Vater, der konsequent und immer für das Kind, wenn es ihn braucht, da zu sein hat. Er sollte Stütze und Wegweiser sein, er soll lieben, Grenzen setzen, Stolz sein und ebenso ein guter Zuhörer sein. Wenn also der Vater seine Rolle gut spielt, wird er schnell feststellen, wie wichtig, besonders und wesentlich er für sein Kind ist.
Es sollte nicht ausser Acht gelassen werden, dass nicht alle Familiensituationen gleich sind.
Wir können gemeinsam in einem einigermassen "leichten Fall" die Ist-Situation beleuchten. Bei schwierigen Situationen ist es jedoch ratsam, fachliche Hilfe einzuholen beziehungsweise sich dementsprechend von einem Fachmann (Kinder- und/oder Familienexperten) beraten zu lassen.
Eine der schönsten Abhandlungen, wie mit Scheidungskindern umgegangen werden kann, habe ich im Bekanntenkreis erleben dürfen.
Die Tochter bei Stiefvater und Mutter. Der leibliche Vater hat nur gut über den Stiefvater geredet. Wenn die Tochter gesagt hat, dies oder jenes findet sie nicht so gut, dann hat der Vater gesagt, dass dies und das seine Beweggründe sind und er damit nur das Beste will. Falls er mal nicht einverstanden war, hat er nachgefragt und das am Telefon geklärt. Nie vor seiner Tochter. Damit das Mädchen beste Mutter, bester Vater, bester Stiefvater hat. Und der Stiefvater hat seiner Stieftochter wirklich auch jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Ein Gewinn für alle.
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